Tiānjīn, Tiānshí, Fǎnbàiwéishèng - Was wir von den Chinesen lernen
Posted on 05. Oct, 2010 by Ole Seidenberg in Germany
Was tut man, wenn in einer Klimakonferenz, zu der man als Blogger bestellt wurde, einfach nichts passieren will? Wenn es da draußen in den großen Hallen des Tianjin Meijan Convention Centers nichts, aber auch rein gar nichts gibt, das einen Fortschritt auf Verhandlungsebene anzudeuten vermag?
Wenn einen die deutsche Verhandlungschefin auf weiter Flur zwischen sterilem Buffet-Restaurant und Verhandlungsräumen stehen lässt, weil sie noch für vier weitere (mir verschlossene) Verhandlungsrunden terminiert sei und nicht eine Minute für den Austausch mit ihrem Tracker bleibt.
Man sucht nach Ablenkung.
Ablenkung im wild wuseligen Computer Center etwa, das nicht nur die Frage aufwirft, wieso hier so viele Diplomaten Zeit für Facebook, Hotmail & Co. haben, sondern eben auch Zugang zu eben jenen Plattformen gewährt, die im übrigen chinesischen Netz nicht erreichbar sind. Offenbar eine Sondervereinbarung zwischen den UN und der chinesischen Regierung?
Wie dem auch sei: Ich werde fündig. Nach China darf ich nicht googlen, nach einem chinesischen Wörterbuch aber lässt man mich suchen. Ich gebe spaßeshalber einmal “Tianjin”, den Namen der Konferenzstadt ein und siehe da: Wieder einmal gibt es für ein und dasselbe Wort mehrere Bedeutungen. Einmal ist da der Name der Stadt, dann, mit etwas anderer Betonung, steht das Wort auch für “eindringen”. Eindringlich frage ich mich: Ist das Zufall? Oder hat man diese Lokation etwa bewusst ausgesucht?
Wie ist es etwa mit dem chinesischen Wort für “Klima”? Es heißt “tianshi”. Und in exakt derselben Schreibweise (天时) steht genau dieses Wort auch für “die richtige Zeit” und “günstige Gelegenheit”.
Wer hätte das Gedacht?
Dem diametral gegenüber steht leider der Inhalt eines kurzen Smalltalks am Rande des Empfangs gestern abend, als mich ein Mitglied der deutschen Delegation unmissverständlich über ihre ganz eigene Meinung zum Stand der Dinge aufklärte… ohne sie wörtlich zu zitieren, entsprachen unsere ersten drei Dialog-Sekunden etwa diesem Wortlaut: “Hey, Ole, du auch wieder dabei?”. “Ja, na? Und, wie isses?”….. lange nichts….”Ach. Mmmh. Ja.”
Ihr wisst, was ich meine.
Morgen aber treffe ich nun hoffentlich Frau Wilke und heute abend wartet eine erste Unterredung der US-Delegation auf uns.
Ach: Um das letzte Wort im Titel dieses Post zu erklären. Fǎnbàiwéishèng steht für “Eine Niederlage in einen Sieg verwandeln”. Clever, diese Chinesen.